Sookee
Sookee - Wortgewaltverherrlichung songtekst
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Hör mal: Was sollen diese Geschichtchen ohne Belang und jene Wortspielchen, die verpuffen Anekdötchen ohne Effekt und Sätzchen ohne Punch Der Diminutiv ist mir nicht potent genug, so will ich die Sprache nicht So weich und leicht und seicht Die Sprache soll eine granitene Amazone sein, die blasse Worthülsen zu greifbaren, dinghaften Aussagen adelt Sie soll strotzen vor Kraft, herkulisch, gro� und brachial daherkommen Wuchtig sein und die schwersten Begriffe stemmen Muskulär, monströs und monumental sein Mir Angst einjagen und Furcht einflö�en Intensiv und erfüllend mich sprachlos machen Mich demütig zurücklassen Mich Ehrfurcht lehren, das Herz mir brechen Mein Schicksal besiegeln, denn sie hat eine eigene Zeitrechnung Sie soll exorbitant sein, ein Koloss Eine Kämpferin gewaltig und entschlossen Zubei�en und zuschlagen bei Ungerechtigkeit Und sie soll mächtig sein wie ein Gott Und wenn ich abflache, soll sie mich packen und die blauen Flecken erinnern mich daran, dass ich es besser kann Sie soll nichts ungesagt lassen und Fragen aufwerfen, die ich niemals zu beantworten wissen werde Sie soll mir in jede Pore krauchen und mich güldene Ideen schwitzen lassen Mich durchdringen, mir durch die Kapillaren wüten Sich imposant vor mir aufbäumen, mich ma�los flashen Sie soll mich in Gewissenskonflikte stürzen Mich grübeln machen, mich konsequent zu Ende denken lassen Und wenn ich ausweichen will, soll sie kleine Spitzen aus den Inhalten schnellen lassen, die sich mit Widerhaken in meine Gedanken bohren, bis ich verstanden habe, woran ich denke, woran ich schreibe Sie soll so viel Tiefe besitzen, dass ich mich von der Erde verschluckt fühle Und Subtexte zum Schwingen bringen, die mit tonnenschwerem Pathos zum Bersten gefüllt sind Ich will, dass sie mir so gigantisch gegenübertritt, dass ich mir manches Mal die Zunge herausschneiden und die Hände abhacken könnte um zu vermeiden ihr nicht gerecht zu werden Sie soll so riesenhaft sein, dass es kaum eine Tugend gibt, au�er der gerechten Rede Und ich will staunen und sie bewundern, bis ich nichts mehr sagen kann au�er oh und ah Mein fünfstelliges Lexikon reduziert auf zwei Vokale Sie soll kernig und stabil sein, lückenlos verdichten Sie soll mich füttern mit Brocken, die ich nicht verdauen kann Und wenn ich dann daran ersticke, soll sie mir keinen letzten Kuss auf dem Totenbett schenken Sondern mich hochrei�en Ihr gesamtes Korpus soll sich von hinten vor meiner Brust verschränken und dich mit Gewalt zum Leben zwingen Sie soll mir den Mund verbieten und mit mir in den Dialog treten Mich mutig machen, mich instrumentalisieren Sie soll mich leiten durch ihr System und mich führen durch ihre Struktur Und ich will zutiefst beeindruckt sein von ihren phonetischen Ketten, die Grammys gewinnen und als endlose Echos in meiner Erinnerung pendeln Von ihren Morphemen, die jede Metamorphose einfallslos und eindimensional erscheinen lassen Von ihren syntaktischen Strukturen, die sich wie Irrgärten um mich winden und in denen ich mich kurz vor der Verzweiflung doch zu Recht finde Von ihren Lettern, die mich vor ihren wei�en Hintergründen hypnotisieren bis sich das Alphabet in meine Haut einbrennt als alltäglicher allgegenwärtiger Almanach Die Sprache im Rücken, die Sprache im Herzen Sie soll potent in mich eindringen und im Innern wachsen Sie soll mich in sich aufnehmen, mich ummanteln, mich pulsierend stimulieren Mich mit einem Lächeln auf dem Sprachzentrum zurück lassen Sie soll mich befruchten Denn ich will Kinder von der Lingua Ich will Babys machen mit ihr Kleine schöne einzigartige Textbabies Am besten jeden Tag bücherweise, festplattengefüllt Und ich will auch kein Kindergeld, keine Gage Ich will schreiben und dass sie mir ein Haus bietet, eine zu Hause, eine Heimat, ein Eiland, auf dem wir beide wirken Ich will danieder knien vor der Originalität ihrer Wendungen Ich will, dass mir der Atem stockt vor der Präzision ihrer Pointen Ich will erstarren vor der Umfänglichkeit ihrer Metaphern Ich will mich motivieren lassen von ihren Wortschatzkammern Sie soll meine Königin sein, meine Kaiserin Ich will ihr dienen, in ihrem Sinne produktiv sein Sie soll mich benutzen und stolz auf mich sein Mich nie wieder loslassen, mich anfüllen mit Inhalt bis ich platze Mit ihren ohrenbetäubenden Untertönen soll sie mich lähmen wie ein in den Geist injiziertes Gift Und ich will, dass sie mich nicht warnt, bevor sie plötzlich auftaucht und mich fertig macht Denn Tritte in den Arsch und Schläge auf den Hinterkopf erhöhen mein Sprachvermögen Sie soll mich zurechtweisen und mir die Tränen in die Augen treiben Und ich will ihr dankbar sein, dass ich mich äu�ern darf, denn sie ist meine Hoffnung und Illusion zugleich