Reinhard Mey
Reinhard Mey - Alle rennen songtekst
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Alle rennen, alle traben, Alle tun sie irgendwas. Alle wollen, alle haben Einen riesen Freizeitspaß. Alle brauchen, alle tragen Einen vorgeschrieb‘n Dress. Alle hetzen, alle jagen, Alle sind im Freizeitstress. Alle laufen, Alle schnaufen, Alle strampeln, Alle hampeln, Alles regt sich Und bewegt sich Ringsumher: Immer schneller, immer höher, immer weiter, immer mehr Und ich, ich möchte einfach nur im Gras ‘rumsitzen, Die Ameise den Krümel tragen sehn Und Eidechsen, die über Mauerritzen flitzen, Libellen, die still überm Tümpel stehn, Die Kellerassel mit den dünnen, kleinen Beinen, Die ihren schweren Leib nachhause schleppt. Joggen? Jetzt lieber nicht und Fitnessdrink auch keinen, Und keinen, der mein altes Fahrrad noch zum Bike aufpeppt. Alle brauchen, alle suchen Action und Animation, Alle fluchen, alle buchen Doch die nächste Reise schon. Surfen, skaten und snow-boarden, Von der Brücke fall‘n am Strick, Grellbunt aufgestylte Horden Auf der Suche nach dem Kick. Alle trekken Wie die Jecken, Alle steppen Wie die Deppen. Das Gekletter Auf die Bretter Bringt‘s total: Immer teurer, immer bunter, immer öfter ins Spital Und ich, ich möchte einfach nur am Strand ‘rumliegen, Die warme Sonne spür‘n auf meinem Fell, Die Wellen plätschern hör‘n, sehn, wie die Möwen fliegen Und gar nichts tun und das auch ja nicht schnell. Ich laß Muscheln und Sand durch meine Finger rinnen, Ein Glas Wein durch meine Kehle, kühl und herb. Ich weiß, mit mir, da kann man kein Turnier gewinnen Und auch keinen Pokal und keinen Strandburgwettbewerb. Alle wollen, alle müssen Stets dabeisein und sichtbar Jemand grüßen, jemand küssen, Ins Beziehungsseminar Und in die Flamencotruppe, In die Bauchtanztherapie, In die Selbsterfahrungsgruppe, In die coole Galerie. T-shirt malen, Beitrag zahlen, Inhalt suchen, Eierkuchen. Gib der Batik Problematik Einen Sinn. Immer hipper, immer flipper, immer hopper, immer popper, immer dreister und zeitgeister, immerhin Und ich, ich möchte einfach nur den Regen schmecken, Den Windhauch spür‘n, die Wolken ziehen sehn Und Fabelwesen und Gesichter drin entdecken Und wenn schon gehen, dann nur müßiggehn. Ich übe, mich tot stell‘n, absagen und verschieben, Die Zeit tropfen hör‘n, eh der Quell versiegt. Ich möchte einfach nur gern leben und Dich lieben Wenn darin nun mal meine wirkliche Begabung liegt.