Reinhard Mey
Reinhard Mey - Große Schwester songtekst
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Wir waren zwei wilde Kinder, jedes eine Herausforderung für sich, Zusammen gar nicht zu bändigen: Meine große Schwester und ich. Wenn sie aus der Schule heimkam, stand ich wartend da, Ich quietschte vor Freude, wenn ich sie sah Mit ihren schönen, langen rabenschwarzen Zöpfen, Dem umgenähten Mantel mit den blanken Knöpfen. Mit offnen Armen kam sie mir entgegengerannt Und noch heut seh’ ich mich an ihrer Hand Verlegen und anhänglich: Meine Große Schwester und ich. Wir haben das winzige Zimmer, die Schelte geteilt und das Care-Paket. Ich war für sie wie ein Welpe, der zottelnd an der Leine geht. Sie war für mich Gebieterin und gute Fee: Ihr Wunsch ist Befehl, ihr Wille gescheh’! Sie war die Lichtgestalt, ich war der kleine Stinker, Der immer vier Jahre hinter ihr her Hinker. Sie groß und schlau, ich doof und klein Und sicher war ich ihr ein Klotz am Bein, Doch geduldig ertrug sie mich Meine große Schwester und ich. Ich habe mit ihr Schwimmen gelernt und all die Ami-Songs aus’m AFN. Sie war meine Heldin und ich war verliebt in jede ihrer Freundinnen. Ich lernte mit ihr Radfahren und Klavier Alles über Mädchen lernt’ ich von ihr. Sie lehrte mich streiten, mich frech vorzuwagen, Denn wenn es brenzlig wurde, konnt’ ich immer sagen: Ich werde gleich mal meine große Schwester hol’n Und die wird euch allesamt den Arsch versohl’n! Die Geschwister Fürchterlich: Meine große Schwester und ich. Der Mathelehrer gab mit zuhaus Nachhilfe in Mathe Nur weil ich so eine schöne Schwester hatte. Der Klavierlehrer übte was Sauschweres mit mir ein, Nur um länger in der Nähe meiner Schwester zu sein. Und auf jeder Party war ich der absolute Hit, Vorausgesetzt, ich brachte meine Schwester mit Wir sind zwei wilde Kinder, wir sehen uns gelegentlich. Nicht mehr ganz glatt die Haut und das Haar leicht ergraut, meine große Schwester und ich. Doch so kämpferisch heute, wie sie immer war, Aufmüpfig, gradaus und unbezähmbar, Noch immer Vorbild, immer noch ein Stück gescheiter Und irgendwie ist sie noch immer vier Jahr’ weiter. Heute seh’ ich manchmal meine Mutter wieder in ihr, Meinen Vater und sogar ein Stück von mir, Vertrautes, das wir teil’n, geschwisterlich, Meine große Schwester und ich.