Franz Josef Degenhardt

Franz Josef Degenhardt - Deutscher Sonntag lyrics

Your rating:
Sonntags in der kleinen Stadt, sonntags in der kleinen Stadt.



1. Wenn die Spinne Langeweile

Fäden spinnt und ohne Eile

giftig-grau die Wand hochkriecht,

wenns blank und frisch gebadet riecht,

dann bringt mich keiner auf die Straße,

und aus Angst und Ärger lasse

ich mein rotes Barthaar stehn,

und lass den Tag vorübergehn,

hock am Fenster, lese meine

Zeitung, decke Bein mit Beine,

seh, hör und rieche nebenbei

das ganze Sonntagseinerlei.

Tada-da-da-dam ...



2. Da treten sie zum Kirchgang an,

Familienleittiere voran,

Hütchen, Schühchen, Täschchen passend,

ihre Männer unterfassend,

die sie heimlich vorwärts schieben,

weil die gern zu Hause blieben.

Und dann kommen sie zurück

mit dem gleichen bösen Blick,

Hütchen, Schühchen, Täschchen passend,

ihre Männer unterfassend,

die sie heimlich heimwärts ziehn,

daß sie nicht in Kneipen fliehn.

Tada-da-da-dam ...



3. Wenn die Bratendüfte wehn,

Jungfraun den Kaplan umstehn,

der so nette Witzchen macht,

und wenn es dann so harmlos lacht,

wenn auf allen Fensterbänken

Pudding dampft und aus den Schenken

schallt das Lied vom Wiesengrund

und daß am Bach ein Birklein stund,

alle Glocken läuten mit,

die ganze Stadt kriegt Appetit,

das ist dann genau die Zeit,

da frier ich vor Gemütlichkeit.

Tada-da-da-dam ...



4. Da hockt die ganze Stadt und mampft,

daß Bratenschweiß aus Fenstern dampft.

Durch die fette Stille dringen

Gaumenschnalzen, Schüsselklingen,

Messer, die auf Knochen stoßen,

und das Blubbern dicker Soßen.

Hat nicht irgendwas geschrien?

Jetzt nicht aus dem Fenster sehn,

wo auf Hausvorgärtenmauern

ausgefranste Krähen lauern.

Was nur da geschrien hat?

Ich werd so entsetzlich satt.

Tada-da-da-dam ...

5. Wenn Zigarrenwolken schweben,

aufgeblähte Nüstern beben,

aus Musiktruhn Donauwellen

plätschern, über Mägen quellen,

dann hat die Luft sich angestaut,

die ganze Stadt hockt und verdaut.

Woher kam der laute Knall?

Brach ein Flugzeug durch den Schall?

Oder ob mitm Mal die Stadt

ihr Bäuerchen gelassen hat?

Die Luft riecht süß und säuerlich.

Ich glaube, ich erbreche mich.

Tada-da-da-dam ...



6. Dann gehts zu den Schlachtfeldstätten,

um im Geiste mitzutreten,

mitzuschießen, mitzustechen,

sich für wochentags zu rächen,

um im Chor Worte zu röhren,

die beim Gottesdienst nur stören.

Schinkenspeckgesichter lachen

treuherzig, weil Knochen krachen

werden. Ich verstopf die Ohren

meiner Kinder. Traumverloren

hocken auf den Stadtparkbänken

Greise, die an Sedan denken.

Tada-da-da-dam ...



7. Und dann die Spaziergangstunde,

durch die Stadt, zweimal die Runde.

Hüte ziehen, spärlich nicken,

wenn ein Chef kommt, tiefer bücken.

Achtung, daß die Sahneballen

dann nicht in den Rinnstein rollen.

Kinder baumeln, ziehen Hände,

man hat ihnen bunte, fremde

Fliegen - Beine ausgefetzt -

sorgsam an den Hals gesetzt,

daß sie die Kinder beißen solln,

wenn sie zum Bahndamm fliehen wolln.

Tada-da-da-dam ...



8. Wenn zur Ruh die Glocken läuten,

Kneipen nur ihr Licht vergeuden,

dann wirds in Couchecken beschaulich.

Das ist dann die Zeit, da trau ich

mich hinaus, um nachzusehen,

ob die Sterne richtig stehen.

Abendstille überall. Bloß

manchmal Lachen wie ein Windstoß

über ein Mattscheibenspäßchen.

Jeder schlürft noch rasch ein Gläschen

und stöhnt über seinen Bauch

und unsern kranken Nachbarn auch.

Tada-da-da-dam ...
Get this song at:
bol.com
amazon.com

Copyrights:

Author: ?

Composer: ?

Publisher: ?

Details:

Language: German

Share your thoughts

This form is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

0 Comments found